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125 Jahre Bibliothek in Plauen

Erinnerungen an eine stimmungsvolle Geburtstagsfeier mit Leserinnen und Lesern


Die Zeiten ändern sich. Früher war eine gut ausgestattete öffentliche Bibliothek für Jung und Alt das Tor zur Welt. Heute kann eine solche Einrichtung noch eine anerkannte und geschätzte Möglichkeit unter mehreren sein, zu Wissen und Unterhaltung zu kommen. Was das Zurechtkommen in und mit der Welt angeht, das Zu-sich-selber-finden des Einzelnen, das Heranbilden von Charakter, Hilfsbereitschaft, Offenheit, Lust auf das Morgen – so leistet in diesen Tagen allerdings eine Bibliothek mehr denn je.

Davon durften sich die Besucher der Plauener Vogtlandbibliothek am 28. Oktober überzeugen, als die Einrichtung zu einem festlichen Nachmittag aus Anlass ihres 125-jährigen Bestehens einlud.
Bevor um 15 Uhr im Haus an unterschiedlichen Orten Gelegenheit war, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kulturstätte zu begegnen, an verschiedenen Stationen das breite Angebot der Bibliothek kennen zu lernen und zum Teil auch das eigene Geschick in Büchersachen zu erproben, fand im Veranstaltungsraum eine gut besuchte Feierstunde statt. Nach einem quicklebendig musizierten Auftakt durch das Saxofon-Trio des Vogtlandkonservatoriums, das auch den weiteren Fortgang des kleinen Festakts gekonnt umrahmte, begrüßte Fachdirektorin Grit Güttler die Anwesenden. Unter ihnen befand sich ihr Amtsvorgänger Günther Reichel mit seiner Gattin.
Danach sprach Kulturbürgermeister Tobias Kämpf ein Grußwort der Stadtverwaltung der Stadt Plauen. Kämpf würdigte die große Bedeutung der Vogtlandbibliothek für das kulturelle und soziale Leben der Stadt, fand lobende Worte für das Engagement der hier tätigen Frauen und Männer und bescheinigte der Einrichtung, ideenreich mit der rasanten Entwicklung der neuen Medien Schritt zu halten. Daran schloss sich ein Fachvortrag Grit Güttlers an, der detailreich und unter Hinzuziehung von sorgsam ausgesuchtem Bildmaterial die Entwicklung der Vogtlandbibliothek nachzeichnete, wobei die Jahre seit 1998 im Mittelpunkt standen. Frau Güttler erinnerte an die besucherfreundliche Umgestaltung beziehungsweise Neustrukturierung der Räume, an die enorme Erweiterung des Angebots bis hin zur sachsenweit Pionierarbeit darstellenden Einführung einer Onleihe wie an die rege Bautätigkeit, die – oft genug bei normalem Weiterbetrieb – erfolgte. Lohn dieser Bemühungen seien über 5000 angemeldete Nutzer der Bibliothek. Allein in diesem Jahr kamen rund 700 neu hinzu. Im abschließenden Teil der Feierstunde schilderte der Greizer Schriftsteller Volker Müller seine überaus positiven Erfahrungen mit Bibliotheken. Ihr Anteil am Entwicklungsstand von Kultur und Gesellschaft werde – da hier viel im Stillen geschehe, im individuellen Kontakt mit Leserinnen und Lesern – leider oft noch unterschätzt.


Danach verwandelte sich die Bibliothek für die gut 400 Besucher, die gekommen waren, im Nu in ein rege frequentiertes Veranstaltungszentrum mit einer Fülle von Anlaufpunkten. Wer im Veranstaltungsraum blieb, konnte erleben, wie gut vierzig Kinder ihre Zertifikate als erfolgreiche Teilnehmer am diesjährigen Leseherbst entgegennahmen. Die Erst-, Zweit- und Drittklässler hatten – zum Teil zum ersten Mal in ihrem Leben – ein Buch „bewältigt“ und das in einem Gespräch nachweisen können. Anja Franke und Michael Riedel, die seitens der Bibliothek die Auszeichnungen vornahmen, fanden den richtigen, humorvoll anspornenden Ton für den Lesernachwuchs. „Ich finde das gut. Ich habe etwas dazugelernt und kann in meiner Schule etwas vorzeigen,“ sagte auf dem Gang der Zweitklässler Peter Schneider, der gemeinsam mit seiner Mutter Peggy Holzmüller gekommen war.

Auch andere Mitarbeiterinnen des Hauses sorgten an dem Nachmittag dafür, dass die großen und kleinen Gäste auf ihre Kosten kamen. In der dritten Etage etwa war Maria Uebel stets dicht umlagert. Die Ruhe und Zuwendung ausstrahlende Kollegin zeigte einfache, von jedermann beherrschbare Formen des Bücherfaltens, einer sinnvollen Art der Weiterverwendung ausgelesener Bände. Jana Schmiade stellte in der ersten Etage mit Witz und solider Sachkenntnis die Möglichkeiten der Musikbibliothek vor. Nele Wodarz, die in der Bibliothek eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste absolviert, betreute auf der gleichen Etage eine Schreibwerkstatt, wo man sich mit Hilfe unterschiedlicher Hilfsmittel – bis hin zur guten alten Schreibfeder - Lesezeichen basteln konnte.
Frau Loesche führte in einer Schauwerkstatt die Arbeitsgänge vor, die für die Bestandserhaltung und Reparatur von zerlesenen Werken notwendig sind, denn nicht alle Bücher können wiederbeschafft werden. Neben einer Reihe weiterer engagiert tätiger Mitarbeiterinnen der Bibliothek war auch Jörg Simmat mit von der Partie. Der beliebte Schauspieler zeigte, was er jeden Dienstagnachmittag im Lesewinkel des Hauses bietet: Kinder können ihm ein Buch bringen, aus dem der dann vorliest und über das er mit seinen kleinen Zuhörern spricht. Er wurde bereits erwartet und bekam sofort eine Menge zu tun.

Unter den Gästen der Geburtstagsfeier war mit Barbara Schnitzler auch eine frühere Mitarbeiterin der Einrichtung anzutreffen. Die Plauenerin, die hier von 1970 bis 2011 tätig war, sagte: „Das ist ein bewegender Tag für mich. Heute wurden viele Erinnerungen in mir wach. Besonders gern denke an die Einbeziehung bildender Künstler zurück, an mehrere mit großem Anspruch gemeinsam gestaltete Kunstausstellungen.“ Und Dr. Frieder Spitzner, der Vorsitzende der Vogtländischen Literaturgesellschaft „Julius Mosen“, meinte: „Die Vogtlandbibliothek ist einer der zuverlässigsten und aufgeschlossensten Partner unserer Vereinigung. Die heutige Veranstaltung zeigte die enormen Potenzen, die hier vorhanden sind und die mit Sicherheit noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit verdienen.

Volker Müller, Greiz